Wir waren am letzten Anstieg in Myanmar, und ich erwartete nach jeder Kurve den freien Blick auf Thailands Berge. Als es dann endlich soweit war, das Ziel greifbar nahe, überkam es mich in meiner ganzen Einsamkeit auf dem Roller. Dieses unglaubliche Gefühl trat aus meinen Augen und die Freude kam auch schreiend aus meinem tiefsten inneren. Es war dieser Moment, an dem mir wirklich bewusst wurde, dass wir es schaffen. Der für mich eindrucksvollste, glücklichste und stolzeste Moment der ganzen Reise. Komischerweise nicht die Ankunft in Bangkok.
Nach diesen Gefühlsausbrüchen ging es mit Vollgas die Berge runter zur Grenze. Beim späten Mittagessen verabschiedeten und bedanken wir uns beim Fahrer des Begleitfahrzeug, dem Begleiter der Regierung und Miu unserem Guide. Mit ihnen hatten wir viel Spaß, und vor allem immer grandioses traditionelles Essen.
Dann an der Grenze begann das größte Einreisechaos der gesamten Fahrt. Von Indien aus hatte ich schon die meisten Formalitäten zur Einreise mit einer Kontaktperson in Thailand arrangiert, und es wartete schon jemand mit unseren Unterlagen. Klappt ja vorzüglich dachten wir, und Anfangs sah alles danach aus, doch es kam etwas anders. Uns wurde mitgeteilt daß die Original Unterlagen, wir hatten nur Kopien, noch nicht angekommen sind. Morgen ab 9.00 Uhr könnten wir aber damit rechnen. Also dann Morgen nochmal zurück zur Grenze die nur ca. 6 Kilometer von Mae Sot, dem ersten Ort in Thailand, entfernt liegt.
In diesem Moment war es uns egal, und mit breitem, stolzem grinsen im Gesicht überquerten wir die Grenze. An der ersten Gelegenheit stoppten wir und genossen unser Traditionelles Welcome Bier. Wir sind tatsächlich in Thailand, und das mussten wir erst mal realisieren, was auch eine ganze Weile dauerte. Ich glaube bis zum heutigen Tag ist das noch irgendwie unfassbar, was wir da erreicht hatten, mit diesen Rollern.
Am nächsten Tag wieder zur Grenze, doch die Unterlagen war noch immer nicht eingetroffen. Telefonate des Grenzbeamten, wozu er natürlich mein Handy benutzte, brachte auch nix neues hervor, es hieß immer nur „ maybe later“. Ohne diese Unterlagen ging es für uns nicht weiter, weil wir für die letzten 560 Kilometer bis Bangkok, unser Ziel, einen Thailändischen Motorrad Führerschein machen sollten. Die Unterlagen kamen dann erst am dritten Tag, nach dreimaligem anfahren der Grenze, morgens um 11 Uhr. Für uns bedeutete das, sofort zum Transport Office, wo wir den Führerschein machen sollten. Dort dann die nächste Überraschung. Auf dieser Behörde war anscheinend bis zu unserm Eintreffen noch nie ein Ausländischer Tourist, und schon gar keiner der einen Führerschein machen wollte. Ich dachte ich steh im Wald. Ich zückte mal wieder mein Telefon und die Chefin des Office redete mit unsrer Kontaktperson, die all unsere Papiere besorgt hatte. Es war ein absolutes Chaos. Ich versicherte ihr, dass ein Bekannter erst vor ein paar Wochen hier durch kam, und auch ein Führerschein machte. Sie wiederum versicherte uns, dass das nicht möglich sei, sie ist hier schließlich der Boss und würde das wissen. Sie sagte mit einem freundlichen thailändischen Lächeln. „Glauben Sie mir bitte, bisher war noch nie ein Tourist für einen Führerschein in dieser Behörde“.
Mir wurde allmählich klar, dass wir hier wohl falsch sein müssten. Das interessiert jetzt aber nicht mehr, denn diese Frau wollte uns nun helfen und lies uns nicht mehr gehen. Es war unglaublich. Wir warteten und warteten und etliche Gespräche mit anderen Leuten später, brachte man uns in einen Nebenraum, wo wir eine Stunde ein Video für Verkehrsregeln und das sichere Verhalten auf thailändischen Straßen anschauen sollten. Wir zwei also in den Raum und los ging das Video. Natürlich auf Thai, aber zumindest mit englischem Untertitel. Eigentlich war die ganze Einreiseprozedur ein richtiger Spaß, sehr Nerven zehrend aber irgendwie lustig. Nach gut 30 Minuten kam dann eine Angestellte und beendete das Video mit den Worten „So, es ist genug und wir haben jetzt auch Feierabend“.
Wir dachten natürlich dass wir nun unseren Führerschein bekommen, dem war aber nicht so. Die Chefin bestellte uns für den nächsten Tag auf 9.00 Uhr zum abholen des Führerscheins, und somit hätten wir ja heute Abend noch Zeit, ein Arzt aufzusuchen, und eine Untersuchung zu machen, die zum führen eines Fahrzeuges in Thailand nötig ist. Wir also mit Jochens Roller, der natürlich vor dem Gebäude parkte, wieder in die Stadt. Am Abend hatten wir dann unser letztes Dokument, das ärztliche Attest, in den Händen und freuten uns auf die Weiterfahrt am nächsten Morgen. Nach einer 2 stündigen Wartezeit auf der Führerscheinstelle, konnten wir gegen 11.30 Uhr dann endlich weiter Richtung Ziel. Die letzten Kilometer nach Bangkok, war eine Fahrt in bekannter Umgebung, und es fühlte sich super an. Wir fühlten uns irgendwie „Zuhause“. Wir folgten den Straßen und Orte, die sich am Fuße der Berge zur burmesischen Grenze entlangziehen. Die zentral-westliche Region ist nach wie vor eine sehr ursprüngliche und wunderschöne Ecke Thailands. Hier findet man noch intakten Regenwälder die grenzübergreifend eine enorme Fülle an Tier und Pflanzenarten. Es war ein entspanntes und emotionales ausrollen in das Ziel Bangkok. Unsre Ankunft in der Khao San Straße, im alten Stadtteil Bangkoks, war dann sehr ernüchternd. Es gab kein Feuerwerk kein Applaus und auch kein Händeschütteln und Schulterklopfen. Irgendwie schade. Wir umarmten uns, machten ein zwei Zielfotos und bestellten das verdiente Bier. Nun holte uns die Realität brutal ein. Es war geschafft, doch auch auf einen Schlag vorbei. Es waren schon sehr surreale Gefühle und Eindrücke in diesem Moment des Ankommen. Ich fühlte mich sehr leer und doch irgendwie erfüllt und glücklich. Ich denke so muss es einem Bergsteiger ergehen, der den unglaublichen Gipfel geschafft hat. Man denk, toll, geschafft, und was kommt jetzt!?
Ja und dann war es also geschafft. Was für ein Trip, so unglaublich so außergewöhnlich und nun auch etwas traurig, dass es zuende geht. So eine Reise ist mit etwas Mut für fast jeden zu schaffen.
Reisen verändert einen, und auch ich hab mich verändert. Nur weiß ich noch nicht wie sehr.
Was für ein Geschenk so eine Reise machen zu dürfen.
Bis zum nächsten mal, Danke an alle die uns hier begleitet haben.
Bernd Brockhoff